Nachdem uns Alan MacQuoid einen Eintrag in unserem Gästebuch hinterlassen hat, in dem er seine Zeit als Mitarbeiter bei BDN erwähnt, sind wir mit ihm in Kontakt getreten und haben ihn gebeten, uns ein wenig über sich und die Zeit vor, während und nach der Arbeit bei BDN zu erzählen. Wir haben ihn auch gefragt, ob es in Ordnung wäre, wenn wir ein Special Feature über ihn und seine Tätigkeit bei BDN verfassen würden.
Er war damit einverstanden und hat uns ein sehr ausführliches Mail gesandt und wir finden, dass man daran – außer der Übersetzung – nichts ändern sollte.
Lesen Sie also, Alan MacQuoid’s Geschichte…
Ich wurde im Juli 1954 zur US Army eingezogen und wurde im Dezember desselben Jahres nach Österreich entsandt. Ich war als Sanitäter (medical assistent) eingeteilt, doch während der Weiterfahrt von Livorno erfuhr ich von einer Jobmöglichkeit bei BDN und ich fragte mich, ob ich wohl lieber Bettpfannen ausleeren wolle, oder bei einem Radiosender arbeiten – die Entscheidung fiel mir nicht schwer.
Bevor ich zur Armee eingezogen wurde studierte ich in Südkalifornien und verdiente Geld mit der Produktion und Moderation einer wöchentlichen Radiosendung bei einem lokalen Radiosender. Mit dieser Erfahrung (und einigen Zeitungsausschnitten) gelang es mir, BDN Salzburg zugeteilt zu werden.
Das Leben im „Schloss“ war natürlich um vieles besser als jenes, das mich erwartet hätte, wenn ich im (Militär-)Spital von Camp Truscott Bettpfannen geleert hätte. Die Führung war natürlich militärisch, aber die Zivilbediensteten des US-Verteidigungsministeriums (Department of Defense) waren für die konnten die rundfunkmäßigen Standards und Arbeitsweisen festlegen. Die militärischen Pflichten waren nahezu inexistent.
Während ich bei BDN-Salzburg war, wurde der Großteil des Sendebetriebs durch 33 Freiwillige abgewickelt. „Freiwillig“ in diesem Zusammenhang bedeutet, dass die Personen keine Offiziere waren – nicht, dass sie freiwillig zur US-Army gegangen sind. Die meisten von ihnen wurden für einen Zeitraum von 2 Jahren zur US-Army eingezogen und viele, wenn nicht sogar alle, hatten bereits Erfahrungen im Rundfunk. Viele hatten auch mehr Rundfunkerfahrung als ich.
Wir genossen ein hohes Maß an persönlicher Freiheit – nachdem wir unsere (täglichen) Pflichten bei BDN erfüllt hatten, war es uns freigestellt, das (Kasernen-)Gebäude zu verlassen und erst zu unserem nächsten Dienstantritt wieder zurück zu kehren. Wir alle hatten Passierscheine, um die uns die US-Militärangehörigen in Österreich beneideten. Ich verbrachte meine Zeit damit, mir Salzburg genau anzusehen und Freundschaften einzugehen. Ich bin stolz darauf behaupten zu können, dass ich mit vielen der (damaligen) Freunde noch immer in Kontakt bin. Einige der US-Militärangehörigen waren der Regelung unserer Passierscheine gegenüber sehr kritisch, aber wir konzentrierten uns trotzdem auf unseren Job und verbrachten sehr viel Zeit damit, das Programm so professionell wie nur möglich vorzubereiten und zu gestalten.
Bei BDN-Salzburg konnten wir unsere Mahlzeiten auch in unserer eigenen Küche, einem Gasthaus, Camp Roeder einnehmen, oder wir schlichen uns in’s „K-Haus“. BDN-Salzburg war in einem 2-stöckigen Gebäude ungefähr 250 Meter westlich des Schlosses untergebracht. Das Militärbüro war im Erdgeschoss untergebracht, wie auch die Quartiere der Sprecher und Techniker. Wir schliefen zu viert in einem Zimmer. Die Radio-Studios („A“ und „B“) waren im ersten Stock, wie auch die Plattensammlung, der Senderaum und die Büros der Zivilisten Bud Miller und Bob Abbott.
Wir trugen unsere Militäruniformen während der Sendungsübetragungen nur, wenn es notwendig war (oder wenn Colonel Tidwell schlecht aufgelegt war) – anders als beim Fernsehen konnten (und können) die Zuhörer ja nicht sehen, was die Moderatoren trugen. Einige der Kleidungsstücke waren sehr „bunt“ um es einmal so auszudrücken.
Im Jänner 1955 wurde ich zur BDN Sendeanlage in St. Johann im Pongau versetzt. Als begeisterter Skifahrer freute mich diese Versetzung natürlich sehr. Die Sendeanlage bestand aus einem „Gates“ 250 Watt Funksender und ich war der einzige Militärangehörige, der für diese Station zuständig war.
Es gab aber zwei österreichische Techniker, die sich um den Betrieb der Anlage kümmerten. Ich lebte und schlief auch in der kleinen Sendeanlage und versprach Josef und Christian – den beiden Technikern – nicht im Weg zu sein. Die beiden wechselten sich tageweise ab und leisteten großartige Arbeit. Josef Mairhofer (der in Bischofshofen lebte) und ich wurden gute Freunde. Ich hatte mir einen 1954er Opel gekauft und so war es uns möglich, in den Orten der Umgebung Mädchen zu treffen. Josef freundete sich mit einem Mädchen aus Schwarzach an. Wir besuchten und campierten oft in Goldegg.
Ich genoss meine Zeit in St. Johann sehr – ich war nahezu unabhängig von BDN-Salzburg und fuhr fast jeden Tag Ski, wenn es mich freute.
An einem Nachmittag im Frühling 1955 erfuhr ich, dass die UDSSR den Bedingungen für das Ende der Besatzungszeit in Österreich zugestimmt hatte. Ich erhielt den Auftrag die Sendeanlage mit 1. Juli abzubauen und nach Salzburg zu verfrachten.
Das waren keine guten Neuigkeiten für mich – Josef, Christian und ich hatten ein einträgliches (Neben-)Geschäft daraus entwickelt, Radios für die lokalen US-Army Angehörigen zu reparieren. Noch wichtiger, wir reparierten auch die Radiogeräte der Einheimischen in der Umgebung und das war ein nettes Zusatzeinkommen für uns.
Wir verpackten das gesamte BDN Inventar so gut es mit dem zur Verfügung stehenden Verpackungsmaterial ging. Am Tag des Abtransports kam ein US-Army Lastwagen um alles abzuholen – ein schwarzer Tag für mich und viele, der Österreicher in der Umgebung.
Neben der Sendeanlage aus St. Johann im Pongau trafen auch die Sendeanlagen aus Wien und Linz in Salzburg ein. Diese beiden Radiostationen wurden „stand-alone“ betrieben und hatten eigenes Sendepersonal. Sowohl Wien, als auch Linz besaßen Übertragungseinrichtungen, die jener in St. Johann ähnlich waren.
Mit dem Ende des Funkbetriebs der einzelnen Stationen traf auch das Personal dieser Stationen bei BDN Salzburg ein.
Einige der Radiomoderatoren und Techniker wurden zu AFN nach Deutschland gesandt, einige wurden heim in die USA gesandt.
BDN Salzburg sendete während der Zeit, als die Anlagen der anderen Stationen weiter versandt wurden noch weiter.
Einige der Anlagen und Teile der Ausrüstung vermachten wir „Radio Rot Weiss Rot“; eine gesamte Sendestation sandten wir zurück zur Militärbasis in Livorno.
Im Sommer 1955 waren wir bei BDN Salzburg sehr beschäftigt – ich wurde dazu eingeteilt, über die Salzburger Festspiele zu berichten. So ergab sich die großartige Gelegenheit, die Größen aus Theater und Musik zu treffen und zu interviewen. Unter den Interviews, die ich gestaltete war auch eines mit George Szell, der zum ersten Mal wieder in Österreich war, nachdem er es 1938 so überstürzt hatte verlassen müssen.
Mittlerweile war mir Salzburg, mit seiner Kultur, dem Essen, dem Wein und den Leuten schon sehr an’s Herz gewachsen. In diesem Sommer verbrachte ich meine gesamte Freizeit mit meinen österreichischen Freunden.
Die US-Army hatte in den Gartenanlagen von Schloss Klessheim auch einen 9-Loch Golfplatz angelegt und ein Freund von mir, Gefreiter Ken Venturi war der Golflehrer. Ken war vor seiner Einberufung zum Militärdienst US Amateur Golf-Champion. In diesem Sommer spielte ich sehr viel golf.
Der letzte Sendetag näherte sich mit Riesenschritten. Wir wurden dazu aufgefordert, die gesamte Plattensammlung zu zerstören, da AFN ihre eigenen Plattensammlungen hatten und keine weiteren Schallplatten brauchen konnten. Aufgrund der gesetzlichen Rahmenvereinbarungen, unter denen die Platten aufgenommen und produziert wurden, war es auch nicht erlaubt, dass sie anderen Personen oder Einrichtungen als dem US-Militär überlassen werden durften. So mussten wir unsere Befehle ausführen und die Platten zerstören. Wie durch ein Wunder aber, überlebten einige Platten die Zerstörung – Kurt Bayer, der Barkeeper im Hotel „Goldener Hirsch“ war ein sehr großer Jazz Fan und auf unerklärliche Weise, erhielt Kurt einige der Platten. Es waren 16-inch Platten, die auf 12-inch zurechtgeschnitten werden mussten, bevor man sie auf herkömmlichen Plattenspielern abspielen konnte.
Einige Tage vor dem offiziellen Ende, schalteten wir die Sendeanlage ab und gingen „off air“, die Plattensammlung war Geschichte und Bud Miller und Bob Abbott hatten ihre Büros geräumt und auf dem Weg nach Deutschland. Wir bauten die restlichen Anlagen ab und im Gebäude verwandelte sich das geschäftige Treiben der letzten Jahre in ein gespenstische Stille und Leere.
Die übrig gebliebenen Sprecher und Techniker erhielten ihre Befehle und Aufträge. Einige wurden zu AFN nach Deutschland gesandt und einige zurück in die USA um dort neu zugeteilt zu werden, oder aus abzurüsten. Mein Befehl lautete, sich bei AFN in Frankfurt zu melden.
Ich war einer der Letzten, die in Salzburg quasi den Fußboden kehrten und absperrten – „This is BDN Salzburg, signing off the air.“
Österreich und die Österreicher aber waren mir an’s Herz gewachsen und ich wusste, dass ich zurück kehren würde.
Ich meldete mich bei AFN Frankfurt zum Dienst und wurde als Sprecher bei AFN Bremerhaven zugeteilt, später zu einer Sendeanlage beim „97th General Hospital“ in Frankfurt.
Ich kam im Mai 1956 in die USA zurück und wurde ehrenhaft aus der Armee entlassen. Danach kehrte ich an die Universität zurück um meine Ausbildung fortzusetzen.
Ich graduierte zum Doktor der Rechtswissenschaften und als MBA – dabei verbrachte ich Teile meiner Studienzeit an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg.
Ich kehre auch heute noch sehr oft nach Österreich zurück und berate auch österreichische Unternehmer in Geschäftsfragen.
Österreich wurde zu einem Teil meines Lebens als ich ein junger Mann war und ich sage mit Stolz, dass Österreich noch immer eine wichtige Rolle in meinem Leben und dem meiner Kinder spielt.
Als ich in Österreich ankam, sprach ich kein Wort deutsch, heute bin ich gerne auf eigene Faust im Pongau, Pinzgau und Tirol unterwegs.
Alan MacQuoid
June, 2014
Mapleton, Oregon